Blogpost Nr.3

Hey ihr Lieben!

Gerade bin ich von meiner zweiten Jugendchorprobe in der Kirche heimgekommen und da es trotz der doch recht späten Stunde noch angenehm warm ist, sitz ich grad noch draußen auf dem Innenhof des CEPRODED- Geländes, auf dem ich ja wohne, und schreib mal, was es so neues gab in den letzten Wochen.
Nach dem ich den letzten Blogeintrag hochgeladen hab, bin ich recht bald aufgebrochen, um wieder nach Notsé zu fahren. Auch dieses mal war die Taxifahrt ein interessantes und … vielleicht ein klitzekleines bisschen beengendes Erlebnis, wie wir da so zu elft im Fünfsitzer saßen. Was ich daraus allerdings gelernt habe, ist, dass auch in einer Situation, in der man denkt, es geht nichts mehr nochmal jemand ins Auto passt. Das nur als Ermutigung für all diejenigen, die in scheinbar ausweglosen Situationen stecken;).
Aber Spaß beiseite! In Notsé angekommen hat es sich dann nämlich das erste Mal so ein kleines bisschen wie heimkommen angefühlt und das hat mich echt richtig glücklich gemacht. Während dem fünfzehnminütigen Fußweg vom „Taxihalteplatz“ bis zu mir nach Hause, der mich an vielen kleinen Geschäften, Bars und Wohnhäuser vorbeiführt und somit auch an vielen Menschen, wurde ich mehrmals mit meinem Namen und nicht mehr nur mit dem Ewe-Wort für Weiße angesprochen, was sich schon richtig gut angefühlt hat. Endlich bin ich, zumindest für Manche hier nicht mehr „Eine dieser weißen Freiwilligen, die hier jedes Jahr rumschwirren“, sondern wirklich ich. Als ich dann noch Schüler getroffen hab, die ganz besorgt gefragt haben, wo ich denn war und ob ich weiterhin unterrichten würde, war der Tag eigentlich schon perfekt. Das richtige Sahnehäubchen war dann das Fufuessen am Abend bei Albert (Albert und seine ultraliebe Familie wohnen, wie schon gesagt auch auf dem CEPRODED-Gelände, also sind wir quasi Nachbarn und sie kümmern sich richtig lieb um mich!). Keine Ahnung wie Ihr da in Deutschland ohne Fufu leben könnt, das gehört wirklich zu den besten Gerichten, dies gibt.

Um Fufu zu machen, stampft man das gekochte Yams in einem Stösel. Dieses Bild ist allerdings nicht bei Albert sondern bei meiner Freundin Delali entstanden.

Vielleicht neben Kartoffelsalat von der Oma oder Kässpätzle von der Anne und Mamas Gemüselasagne und noch ein paar anderen Sachen…(na, hungrig?). Ein Kollege in der Schule hat erst letzte Woche vorgeschlagen, mich nach Deutschland zu begleiten um dann gemeinsam ein togolesisches Restaurant aufzumachen. Super Geschäftsidee, auch wenn ich dafür erstmal richtig togolesisch kochen lernen muss. Aber ich bin immer aufmerksam am beobachten, wenn ich Freunden hier beim kochen zuschaue/helfe. Meine Hilfe beschränkt sich allerdings meist noch darauf, dass ich ziemlich hilflos vor mir zugeteilten Aufgaben sitze, mir alles fünfmal erklärt werden muss oder ich aufgrund zu wenig Muskeln oder zu hitzeemplfindlichen Händen scheitere. Aber das ist schon besser geworden und wenn Ihr mich in zwei/drei Monaten nochmal fragt, klappts wahrscheinlich schon halbwegs. Diesen Lernprozess an mir selbst mitzuerleben ist echt cool und manchmal bin ich fast schon überrascht, wenn mal wieder was neues besser klappt.

Aber zurück zum Erzählen:
Den folgenden Samstag hab ich mal wieder mit Abstauben, Fegen, nass Wischen, Wäsche waschen und anschließend Duschen, weil man dabei echt ins Schwitzen kommt, verbracht (das ihr kein zu gutes Bild von mir bekommt, ich hab davor unvernünftig lange ausgeschlafen und sogar noch ne verspätete Mittagspause eingelegt. Also nicht nur gearbeitet;)). Am Sonntag, war mal wieder Gottesdienst und diesesmal hab ich mich ein klitzekleines bisschen getraut, mitzutanzen, was zwar wahrscheinlich ziemlich albern ausgesehen haben muss, aber wenn ich mich irgendwann endlich richtig überwinden werde, bestimmt voll Spaß macht. Mir macht schon allein Zuschauen richtig Spaß und ich finde das immer mega bewundernswert. Tanzen werde ich hier also noch lernen, das steht auf jeden Fall auf der To-do-Liste.

Am Nachmittag bin ich dann zusammen mit Albert, Virginie(Alberts Frau), den drei Kindern Volonté, Charité und Merveille und David(Alberts Neffe) zu sowas wie einem Stausee am Rand von Notsé gefahren. Hier kommt das ganze Wasser her, dass man in Notsé und Umgebung aus dem Hahn bekommt, wenn ich Albert richtig verstanden habe, was echt beeindruckend ist. Außerdem ist die Natur rund um den Stausee megaschön. Nach einem Spaziergang über den Damm und vielen Fotos sind wir dann sogar noch eine Runde in einem Kahn aus Holz über den See gerudert worden.

Das war mega schön. Fast schon romantisch, wie sich die Sonne und die einzelnen Schäfchenwolken im See gespiegelt haben und… (ist schon gut, ich hör ja auf:D).

Wieder Zuhause haben wir alle gemeinsam noch gegrillte Maiskolben mit Erdnüssen und anschließend Koliko gegessen. Koliko sind frittierte Yams- oder Süßkartoffelstücke, die wir an dem Abend zu einem „Dip“ aus Piment, Knoblauch und Zwiebeln gegessen haben.

Die folgende Woche war ehrlich gesagt schon ziemlich normal. Vormittags Schule, was langsam anfängt, zu klappen (wenn auch nicht immer ganz so, wie ichs mir vorstelle…), dann heim gehen, essen, Mittagsschlaf machen(ich bin zwar erst 19, aber das tut manchmal echt gut. Schieben wirs auf die Hitze, oder die anstrengenden Schüler…) und dann geh ich meistens nochmal in die Schule. Hier werden nachmittags immer zwei Baustellen gleichzeitig bearbeitet, das heißt, nur die Schüler arbeiten wirklich und die Lehrer gucken zu (obwohl dieses Angetreibe eigentlich fast auch als Arbeit durchgeht). Einerseits stehen „normale“ Aufgaben an, wie das von Befreien des Sportplatzes sowie des Parkplatzes für das Auto des Direktors von Flora und Fauna, was ich aufgrund der Macheten ziemlich beängstigend finde(wer mich kennt, der weiß, warum man mir sowas besser nicht in die Hand gibt…). Andererseits sind wir gerade dabei, zwei weitere Unterrichtsräume zu bauen, sodass die 5 und 6 A und B nicht mehr zusammen unterrichtet werden müssen. Ich hoffe, das klappt demnächst, denn die 93 6st-Klässler sind echt nicht so einfach ruhig zu griegen.Um die Unterrichtsräume zu bauen stand an zwei Nachmittagen dieser Woche Erde schleppen an, um den Boden zu machen. Ich wurde anfangs von den Lehrern mitgenommen, um zu überprüfen, ob auch alle arbeiten, was mir aber gar nicht gefallen hat. Ich mein, die meisten Schüler waren so alt wie ich oder teilweise noch älter, außerdem waren einige meiner Freunde dabei und auch Leute, die dabei sind, meine Freunde zu werden. Und, ehrlich gesagt, fühle ich mich die meiste Zeit eher wie eine Schülerin als eine Lehrerin. Deshalb hab ich mir kurzerhand auch eine Schüssel geschnappt und mitgemacht. Anfangs haben mir die anderen Schüler nach der ersten und zweiten Schüssel noch gratuliert und gemeint, ob ich nicht mal ne Pause machen möchte. Zwei Stunden und ziemlich viele Schüsseln voll Erde später hab ich endlich so ein bisschen dazugehört, auch wenn es Manche gab, die ziemlich irritiert davon waren, dass ich auch körperlich Arbeiten kann. Abgesehen von dem Spaß, den ich mit meinen Freunden hatte und dem erstaunlich guten Gefühl, einfach mal Erde hin und her zu tragen war ich schon ein bisschen stolz, dass ich gezeigt hab, dass weiße Haut nicht gleich bedeutet, dass man keine Erde schleppen kann und dass ich am Ende des Tages genauso viel geschafft hab, wie alle anderen auch! Abgesehen von Erdeflecken in meinem hellblauen T-Shirt (HELLBLAU, zum ERDE schleppen! Mensch Maria…), die nicht so richtig rausgehen und einer schmerzhaften Tiefrotfärbung des Nackens und der Ohren (ich war aber eingecremt!), das hatte eigentlich außer mir niemand.

Am Freitagabend war dein meine allererste Chorprobe. Die erste Lektion war allerdings kein Lied, sondern das unterschiedliche Verständnis von Pünktlichkeit hier und in meinem Kopf. Ich war nämlich extra 10 Minuten vor 18:00 Uhr da und hab dann erstmal ungelogen eine Dreiviertelstunde gewartet bis die ersten Chormitglieder kamen. Kékéli, der Chorleiter kam dann um sieben. Ich werde mich jetzt hier an togolesische Pünktlichkeit anpassen, das gefällt mir. An die Umstellung, die mir dann in Deutschland bevorstehen wird, denken wir jetzt einfach mal nicht…

Auf alle Fälle haben wir dann gleich ein neues Lied auf Ewe gelernt, was mega komisch war, weil ich halt nicht wusste was ich sing. Obwohl, ich hab ziemlich viele Passagen, bei denen ich mir den Ewetext nicht merken oder ihn nicht aussprechen konnte mit Lalala und Nonono überbrückt.
Auch sonst kam ich mir zwar herzlich Willkommen aber doch ein bisschen fehl am Platz vor, denn untereinander wurde eigentlich nur Ewe gesprochen, weil nicht alle Chormitglieder Französisch können.
(Ich breche jetzt kurz mal das chronologische Erzählen ab und bleib beim Chor)
Dieses Gefühl ist aber in den folgenden Chorproben immer kleiner geworden und mittlerweile fotografiere ich die Lieder von Kékéli immer ab und lasse mir dann von Virginie, die auch im Chor ist, oder von anderen Freunden den Text vorsagen, bis ich mir merken kann, wie es klingen soll. Dann übe ich abends zu Hause immer und hoffe jedes mal, dass mich niemand hört, denn Ewe auszusprechen ist echt schwer:). Aber da ich es echt gern besser können würde und so ungefähr mein gesamtes Umfeld bequatsche, dass sie mir was beibringen, gebe ich die Hoffnung noch nicht auf, am Ende meines Jahres hier wenigstens ein bisschen was zu verstehen und sagen zu können.
Mein Höhepunkt mit dem Chor war diesen Sonntag, als ich zum ersten Mal auch im Gottesdienst mitgesungen hab. Das war richtig cool und ich freu mich jetzt schon auf alle weiteren Lieder und Sonntage mit dem Chor!

Jetzt aber nochmal gute zwei Wochen zurück, nämlich zu dem Sonntag, an dem ich mein erstes Togokleid im Gottesdienst anhatte. Die bunten Stoffe und die vielen Schnitte und …hach… zum Glück zieht mich meine Freundin Delali, mit der ich eigentlich immer zusammen auf dem samstäglichen Markt einkaufe, resolut von den Stoffverkäuferinnen weg. Sonst könnt ich wohl bald vor lauter Kleidern kein Essen mehr kaufen (und das geht nicht, weil wenn ich abnehme passen die Kleider ja nicht mehr richtig…). Trotzdem bin ich mittlerweile stolze Besitzerin dreier Sonntagskkeider, einem Alltagskleid und einem Rock, und diesen Donnerstag kommt da noch ein zweiter hinzu:).

[Einzufügen: Sinnvolle, gute Überleitung zum nächsten Thema]

So und dann war es nämlich auch endlich so weit und ich durfte mit meiner Arbeit im Kindergarten anfangen. Der Kindergarten besteht hier aus gut 40 Kindern zwischen 3 und 5 Jahren, einer Erzieherin und einem Klassenzimmer. Ich versuch, bald mal ganz viele Fotos zu machen, denn diese Schultischchen und Schulbänke sind so mini, so süß, das muss man gesehen haben! Und die Kinder erst… Ich war schon nach 10 Minuten verliebt und mittlerweile, nach fast drei Wochen, hab ich sie (fast) alle lieb. Aber ja, es gibt auch hier Kinder mit stark hervorstechenden, sehr anstrengenden Eigenschaften und im Endeffekt bin ich oft nach drei Stunden im Kindi mit bloß 40 Kindern erschöpfter, als nach mehreren Stunden im Unterricht der Abiklasse und eigenem Unterricht vor 93 (puberierenden, oh ja, was das betrifft, sehe ich keinen Unterschied zwischen deutschen und togolesischen Kindern…) Schülern. Trotzdem liebe ich die Arbeit mit den Kindern und musste zwischendurch schon so lachen, dass ich geweint hab, woraufhin mein „wenn er jetzt 17 Jahre älter wäre…“-Freund zu mir kam und mich in den Arm genommen hat. Leider spricht er nur Ewe und ich hab ihn nicht verstanden. Es war nur einfach zu cool, wie plötzlich zwei kleine Mädchen mit ihren Kinderfingern über meinen Arm gefahren sind und dann eingehend ihr Fingerkuppen betrachtet haben, ob mein weiß abfärbt. Ich glaube, dass das nicht der Fall war, hat die beiden ziemlich verwirrt und seitdem beäugen sie mich eher kritisch.Mal ganz abgesehen vom kleinen Paul der jedes Mal zu Erwachsenen flüchtet, wenn er mich sieht und vor Angst anfängt zu weinen, wenn ich ihm meine Aufmerksamkeit widme oder ihm zu nahe komme. Die Erzieherin meint, er gewöhnt sich da schon noch dran und das hoffe ich wirklich. Ich bin ja nun wirklich nicht angsteinflößend, oder???

Ansonsten bin ich gerade dabei dem Chor zum Einsingen das Mango-Mango-Lied beizubringen und mit den Schülern versuchen wir dann bald Weihnachtslieder, weil sie es sich so wünschen und so gut mitmachen. Denn, ob ihrs glaubt oder nicht, wer auch immer Deutsch erfunden hat, gehört bestraft. Wir machen so viele unnötige Ausnahmen und Sonderregeln, mal ganz abgesehen davon, dass es eh schon zu viele Regeln braucht, um Deutsch zu sprechen. Völliger Schwachsinn eigentlich. Da tun mir meine Schüler immer ein bisschen Leid. Ich hab mich übrigens selbst erst neulich gefragt, was denn eigentlich der deutsche Plural von „Wischmobb“ ist. Denkt nicht zu lange drüber nach, da kommen komische Dinge bei raus… Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass man am besten einfach nur einen Wischmobb besitzt.

Um dann mal zum Ende zu kommen, denn ihr habt wahrscheinlich heut noch was anderes vor, als meinen Blogeintrag zu lesen, muss ich noch von der Absurdität (oder Absurdheit? Komischheit? Sucht euch was aus:)!Sag ich doch, deutsch ist komisch…) sprechen/schreiben, die Bilder von dem ganzen Schnee, den es zuhause in Deutschland gab, bei 35°C und sommerlichstem Sonnenschein anzuschauen. Ich find die Bilder auch echt sehr schön, würde aber um nichts in der Welt tauschen wollen. Mir gefällt die Sonne und die Wärme hier echt gut!

Naja, falls dieser Blogeintrag ein bisschen arg euphoriegeschwängert (Was für ein komisches Wort, aber das gibts echt. Ich hab extra nachgeguckt…) oder „Clown-gefrühstückt-mäßig“ war, tut es mir Leid. Aber das bin gerade einfach ich, unglaublich glücklich und aufgedreht, weil ich auch nach 2 Monaten(Jubiläum ist am Freitag, 02.11.) noch nicht 100%ig verstanden habe, dass ich hier in Notsé für dieses ganze Jahr sein darf, auch wenn das mittlerweile nur noch 10 Monate sind, was schon fast beängstigend ist, wenn man bedenkt, wie schnell die ersten 2 vergangen sind!

Vor meiner Haustür…

Ok, dann hoffe ich, es geht euch allen gut und schick euch ganz viele Sonnenstrahlen!
Maria:)

 

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