Mein erster Rundbrief

Da ich hier bisher nicht viel geschrieben habe, habe ich mich dazu entschieden auch hier meinen ersten Rundbrief zu veröffentlichen, um auch Leute, die nicht zu meinen Rundbriefempfängern gehören, über meine Erlebnisse in den ersten drei Monaten zu informieren.

Vermutlich gibt es einige Dopplungen zum ersten Blogeintrag, aber ich hoffe es ist trotzdem interessant, diesen Eintrag zu lesen.

Über Feedback würde ich mich sehr freuen, aber jetzt erstmal viel Spaß beim Lesen:)

Die in diesem Bericht enthaltenen Informationen basieren auf meinen persönlichen Empfindungen und Wahrnehmungen. Ein durch meine Erfahrungen entstehendes Bild spiegelt keines Falls ein konkretes Bild von Namibia wider und kann nicht auf alle in Namibia lebenden Menschen und auch nicht auf alle Angehörigen, der von mir genannten, ethnischen Gruppen angewandt werden.

Hallo ihr Lieben da drüben,

ich hoffe es geht euch allen gut!

Es ist kaum zu glauben, aber meine ersten drei Monate hier in Namibia sind schon fast vergangen. Die Zeit ist in den letzten Wochen sehr schnell vergangen und ich durfte viel erleben, was es umso schwerer macht das alles in Worte zu fassen. Ich werde es trotzdem versuchen, aber möchte darauf hinweisen, dass ich wahrscheinlich nicht von allem berichten kann. Ich hoffe, dass ich es schaffe meine Erlebnisse realistisch und verständlich wiederzugeben.

Meine Ankunft in Maltahöhe:
Bei meiner Ankunft in Maltahöhe, nach etwa 3 ½ Stunden Fahrt von Windhoek aus, wurde ich schon erwartet. Als bemerkt wurde, dass ich angekommen bin, kamen alle Kinder und Sisters (so werden die Hostelmitarbeiterinnen genannt) aus dem Hostel um mich sehr herzlich zu begrüßen. Auch der Pfarrer und seine Frau nahmen mich in Empfang und zeigten mir, nach einem Snack im Hostel, ihr Haus, in welches sie mich auch direkt einluden, um dort abends mit ihnen fernzusehen. Aus dem Auto hatte ich vorher schon das Banner mit der Aufschrift „Willkommen in unserem Hostel“ gesehen, welches die Kinder gebastelt und im Innenhof des Hostels aufgehangen hatten.
Nachdem ich meine Koffer ausgepackt und mein Zimmer im Hostel bezogen habe, bin ich dann direkt der Einladung der Pfarrersfamilie gefolgt und habe mich abends zu Pastor Gaweseb, seiner Frau Dolene, ihrem Sohn und den von ihnen aufgenommenen Zwillingen ins Wohnzimmer gesetzt. Auch ein Freund der Familie schaut hier mit.
Mittlerweile ist diese Familie für mich zur Gastfamilie geworden, da ich sehr viel und gerne Zeit mit ihnen verbringe und besonders Dolene eine enge Bezugsperson für mich geworden ist. Deshalb kann es sein, dass ich im Folgenden von meiner Gastfamilie, Gastmama usw. schreibe, wenn es um sie geht.

Mein Tagesablauf:
Bevor ich abends ins Pfarrershaus gehe, was mittlerweile eigentlich jeden Tag passiert, geschieht natürlich noch einiges anderes.
Mein Arbeitstag startet morgens um acht Uhr mit einer Morgenandacht, an der alle Sisters teilnehmen und in deren Anschluss wir gemeinsam frühstücken.
Danach bereite ich dann das Programm vor, dass ich nachmittags mit den Kindern durchführen möchte (Basteln, spielen, singen, tanzen usw.), helfe beim sauber machen und aufräumen, passe auf die Enkelkinder der Sisters auf, die noch zu jung für den Kindergarten sind; mache Besorgungen im Ort oder helfe bei Büroarbeiten des Pfarrers oder von Ansie (der Hostelleitung).
Nach einem Mittagessen im Hostel habe ich eine Mittagspause, bevor ich dann mit den Kindern die Sachen mache, die ich vormittags geplant habe und bei der Hausaufgabenbetreuung helfe.
Gegen 17 Uhr mache ich dann Feierabend.
Am Wochenende muss ich nicht im Hostel arbeiten, aber die Kinder freuen sich immer sehr, wenn ich auch dann mit ihnen spiele. Außerdem helfe ich sonntags vor dem Gottesdienst in der „sunday school“. Hier lernen die Kids erste Bibelgeschichten, beten und singen gemeinsam.
Der Gottesdienst dauert normalerweise dann um die 2 Stunden oder etwas länger, wenn Taufen oder andere Besonderheiten stattfinden.
Des Weiteren verbringe ich am Wochenende gerne Zeit mit der Pfarrersfamilie, aber auch mit der Familie von Ansie (die für mich auch wie eine Gastfamilie ist). Dabei sitzen wir auch gerne mit anderen Leuten aus dem Ort bei einem gemütlichen „Braai“ zusammen und unterhalten uns bis in die Nacht.
„Braai“ bedeutet grillen in Afrikaans und unterscheidet sich in sofern vom Grillen wie ich es kannte, dass man, in der Regel, ein Feuer in einer Grillschale oder einem Braaiplatz macht und zunächst einige Zeit (gerne mal 2 Stunden oder länger) um das Feuer sitzt und sich unterhält bis das Feuer zu einer Glut wird, auf der man grillen kann und das Fleisch und Knoblauchbrot oder „Roasterbread“ (schmeckt ähnich wie Pizzabrötchen und neben einem in Öl frittierten Brot, namens Vetkoek, mein Lieblingsbrot hier) auflegt.
Ansonsten habe ich auch gerne etwas mit zwei anderen Deutschen Freiwilligen am Wochenende unternommen. Diese haben sich allerdings dazu entschieden Maltahöhe zu verlassen, sodass ich nun die einzig Deutsche Freiwillige hier bin.

Allgemeine Fakten über meine Einsatzstelle:
Das ursprüngliche E.L.C.R.N. Estomihi Hostel wurde 1950 gegründet, nachdem Hendrik Samuel Isaak (Pfarrer und Lehrer zu dieser Zeit) einige Schüler adoptiert hatte und in seinem Haus aufnahm, die von entfernten Farmen kamen, damit diese zur Schule gehen konnten. Es konnte aufgrund einer Spende der Dutch Reformed Church erbaut werden und bestand aus zwei großen Räumen.
Das heutige Hostel wurde dann von 1976 bis 1977 mit Hilfe von Spenden aus Deutschland errichtet und 1993 bis 1994 renoviert und vergrößert.
Alle Spenden wurden durch Bemühungen von Pfarrer H.S. Isaaks erzielt, weshalb er als Pionier des Hostels gilt.
Heute leben über die Schulzeit 60 Schüler im Hostel, welche die Grundschule des Ortes besuchen. Sie kommen größtenteils von Farmen, sodass ihnen ein regelmäßiger Schulbesuch nur so ermöglicht werden kann, da der Weg zur nächsten Schule von diesen Farmen zu weit ist, um ihn täglich zu absolvieren. Sie sind zwwischen 5 und 13 Jahre alt, da die Grundschule hier von Klasse 0 bis 7 geht.
An einigen Wochenenden, vor allem an langen Wochenenden, fahren die meisten Kids nach Hause zu ihren Eltern und über die Ferien ist das Hostel geschlossen.
Das Gebäude steht auf dem Kirchengelände der Sigem Parish Gemeinde, die zur Evangelical Lutheran Church in the Republic of Namibia gehört. Außerdem sind auf diesem Gelände das Pfarrershaus, ein weiteres Haus, in dem Gemeindemitglieder leben; die Kirche der Gemeinde und die Hunde der Pfarrersfamilie und tagsüber auch der Hund von Ansie. Einer von ihnen ist leider im September, aufgrund von Krankheit, verstorben. Ein Kindergarten befindet sich direkt gegenüber des Geländes und gehört ebenfalls zur Kirche.

„Yes, we can keep our village clean“ und Maltahöhe, nicht so klein wie gedacht:
Im September fand in Maltahöhe ein Projekt zur Säuberung des Ortes statt. Daran haben auch die beiden Schulen Maltahöhes teilgenommen. Als die Grundschule also einen Projekttag zur Unterstützung der Säuberung eingerichtet hat, habe auch ich an diesem Tag mitgemacht. Zusammen mit einer Klasse und Ansie und ihrer Enkeltochter Heavenly, bin ich in die Township losgezogen um Müll aufzusammeln.
Der Ort Maltahöhe ist nämlich sozusagen in drei Teile unterteilt. „Town“, „Location“ und „Township“. Die Town ist der Teil des Ortes, in welchem sich Supermarkt, Hotel, jegliche Ämter, die secondary school und größere Wohnhäuser befinden.
In der Location befindet sich das Hostel. Hier stehen außerdem viele weitere Wohnhäuser, einige Kiosks und die primary school.
Direkt hinter der Location ist dann Township. Hier leben die Menschen meist in Wellblechhütten, was allerdings nicht bedeutet, dass all diese Menschen arm sind! Es ist einfach so, dass diejenigen, die in der Township aufwachsen oft auch dort bleiben oder dass Unverheiratete bei ihren Eltern leben. Das liegt in der Tradition der Namas. Namas bilden eine, der in Namibia lebenden, ethnischen Gruppen und die meisten Menschen in Maltahöhe gehören dieser Gruppe an. In der Township leben unter anderem auch Lehrer der Grundschule und eine dieser Lehrerinnen zeigte mir ihr Haus dort. Was ich sehen durfte waren ganz normale Räume, mit einem großen Bett im Schlafzimmer und Holztüren zwischen allen Räumen. Ich muss zugeben: Anders als ich es von außen erwartet hätte, aber kaum war man im Haus, bemerkte man nicht mehr, dass es aus Wellblech gebaut wurde.
Zwischen Location und Township befindet sich außerdem ein großer Fußballplatz, auf welchem so gut wie immer Leute beim kicken zu beobachten sind. Es werden auch Turniere veranstaltet, auf denen die einzelnen Clubs gegeneinander antreten.
Da besonders in Location und Township sehr viele Häuser stehen, habe ich mich gefragt, ob hier
wirklich nur etwa 2100 Menschen wohnen. Diese Information hatte ich zunächst über Internetrecherchen erfahren. Offiziell stimmt diese Zahl in etwa, aber inoffiziell sind es deutlich mehr, wie ich durch den Schulleiter der Grundschule erfahren durfte. Etwa 5000 Einwohner. Das liegt daran, dass die Häuser in der Township nicht angemeldet sind. Sie werden aber geduldet und gehören fest zu Maltahöhe!
Zurück zum cleaning project: unser Bereich war also die Township, wo wir, mit großen Tüten ausgerüstet, Müll aufsammelten. Es kam einiges zusammen und dennoch blieb viel liegen. Warum? Weil es in der Township und in Maltahöhe generell fast keine öffentlichen Mülltonnen gibt. Wenn die eigene Mülltonne voll ist und die Müllabfuhr erst wieder in ein paar Tagen kommt, gibt es also nicht wirklich eine Möglichkeit seinen Müll woanders zu entsorgen als in der Natur. So begegnete ich auf meinem Weg durch die Township auch einigen Knochen, denn das Fleisch wird mit Knochen zubereitet, von ihnen gegessen und dann landen die Knochen eben in den Wegen zwischen den Häusern.
Ich finde es sehr gut, dass dieses Projekt zustande kam und den Kindern in diesem Rahmen auch erklärt und gezeigt wurde, dass Müll nicht einfach auf die Straße geschmissen gehört.

Ein Wochenende in Walvis Bay und meine erste namibische Hochzeit:
Am letzten September Wochenende nahm meine Gastfamilie mich mit nach Walvis Bay. Anlass war die Hochzeit von Dolene´s Schwester, wo ich ihre Familie kennenlernen durfte und auch etwas der Kultur der Baster. Denn Dolene ist, anders als ihr Ehemann, der ein Damara ist, eine Baster.
Wir kamen am Tag vor der Hochzeit, nach einer Fahrt durch den Naukluft Nationalpark, in Walvis Bay an und besuchten erstmal einige Verwandte und Freunde von Dolene, aber auch vom Pfarrer, der ebenfalls aus Walvis Bay kommt.
Am Tag der Hochzeit sind wir vormittags in die Stadt gefahren um ein paar Erledigungen zu machen. Nachmittags fand dann die Trauung im Innenhof des Hauses statt, indem Dolene´s Schwester und ihr Mann wohnen. Ein Pfarrer hat die Trauung durchgeführt. Eine standesamtliche Trauung fand vorher nicht statt, sondern die staatlichen Dokumente wurden während dieser Feier unterschrieben.
Nach der Trauung sind wir an zwei verschieden Orte gefahren um Fotos zu machen. Der erste war ein sehr beliebter Platz für Bilder zu solchen Anlässen und vor einem Museum. Danach ging es ans Meer. So habe ich dieses an diesem Wochenende wenigstens kurz gesehen.
Als wir dann wieder am Haus des frischvermählten Paares ankamen, wurde getanzt und gefeiert bis es später abends dann verschiedene Salate und Braaifleisch gab. Im Anschluss daran wurde weiter gefeiert bis lange in die Nacht hinein.
Alles in allem war die Hochzeit überraschend ähnlich zu dem, was ich so kenne. Es wurde Reis aufs Ehepaar geworfen und auf dem Weg zu den Fotolocations haben wir einen Autokorso veranstaltet. Es war insgesamt nur etwas läuter während der Zeremonie, da es bekräftigende Zwischenrufe (Wie auch in den normalen Gottesdiensten , die ich hier besuche) gab und dem Paar viel zugejubelt wurde und anstatt eines klassischen Eröffnungstanzes wurde Langarm getanzt. (traditioneller Burentanz)
Am nächsten Tag ist ein Freund der Familie, bei dem wir auch übernachtet hatten, mit mir über die Sanddünen gefahren. Ein rasantes Erlebnis, das sehr viel Spaß gemacht hat!
Außerdem habe ich an diesem Tag gelernt, dass es als unhöflich gilt, Geschenke nicht anzunehmen, auch wenn es Geld ist, denn nachdem mir schon eine mit Dünensand, der ein Bild ergibt, gefüllte Flasche geschenkt wurde, hat mir der Freund der Familie Geld für Snacks für den Weg zugesteckt, welches ich zunächst nicht annehmen wollte. Daraufhin erklärten er und der Pfarrer mir dann allerdings, dass ich es sozusagen annehmen muss, wenn ich ihn nicht beleidigen will.
Dass es für alles irgendwie eine Lösung gibt, wurde mir dann bewiesen, als wir auf dem Rückweg Probleme mit dem Auto bekamen. Nachdem wir auf dem Hinweg schon eine Platten hatten, der aber in windeseile gewechselt werden konnte, hatten wir nun Probleme unter der Motorhaube. Fragt mich nicht was genau kaputt war, aber irgendwas hatte ein Loch. Glück für uns, dass wir in Walvis Bay noch einkaufen waren. So konnten kurzerhand Flüssigseife, Zucker und rohe Eier dazu verwendet werden das Loch zu stopfen. Auch wenn wir dann noch mehrmals anhalten mussten um es neu zu stopfen und das Auto dann anschieben mussten, damit es anspringt, sind wir irgendwann heile in Maltahöhe angekommen.

Oktober ist breast cancer awareness month:
Aufgrund dessen, habe ich meine Gastmama gefragt, ob wir nicht eine Veranstaltung für die Frauen aus unserer und auch aus den anderen naheliegenden Gemeinden organisieren wollen. (Ja ich weiß, dass auch Männer an Brustkrebs erkranken können, aber bei Frauen ist das Risiko nunmal größer)
Dolene ist vor etwa zehn Jahren das erste Mal und letztes Jahr erneut selbst an Brustkrebs erkrankt und hat den Kampf, Gott sei Dank und soweit das möglich ist, gewonnen. Deshalb kam ich auch auf die Idee, denn ich dachte mir, wer kann mehr Gehör verschaffen, als jemand, der es selbst durchlebt hat.
Wir luden also die Frauen ein, backten Kuchen und Muffins, suchten ein paar Sponsoren für Tee und weitere Snacks und organisierten eine Krankenschwester, die mit Krebspatienten arbeitet und einen kleine Vortrag halten konnte.
Außerdem zeigten wir wie man seine Brust richtig nach Hinweisen abtastet und riefen dazu auf, dies regelmäßig zu tun, genau wie regelmäßig zu Untersuchungen zu gehen. Und das nicht nur zur Vorsorge von Brustkrebs sondern auch von Gebärmutterhalskrebs und allen anderen Krebsarten, zu denen es eine solche gibt.

Von Namen, verwirrten Touris und dem Kulturprogramm für diese:
Hier in Namibia werde ich von den meisten Menschen Sophie (englisch ausgesprochen) genannt, da ich unter diesem Namen bereits bekannt war bevor ich ankam. Das liegt daran, dass der Name des anderen Freiwilligen in Namibia, Juri, und Jule sich zu ähnlich klingen und es zu Verwirrungen kam, weshalb sich dazu entschlossen wurde uns bei den Zweitnamen zu nennen. Da ich mir dachte wieso wieder Verwirrung schaffen, beließ ich es einfach bei dem Namen und erzählte nur ein paar Leuten, dass ich eigentlich anders heiße, die mich aber trotzdem, zumindest meistens, Sophie nennen. Ich sehe das jetzt einfach als meinen namibischen Namen. Manchmal auch variiert als Sophia oder gerne auch Sophy geschrieben.
Besonders anfangs wurde ich auch versehentlich manchmal beim Namen meiner Vorgängerin genannt, aber das kann ja mal passieren. Manche denken auch bis heute noch, dass ich sie bin, da sie zufällig die gleiche Haarfarbe und -länge hat wie ich, auch wenn wir uns ansonsten kaum vom Äußerlichen ähneln, aber wenn ich es erkläre, kommt es meistens auch nicht mehr vor.
Ein größeres Problem war es für mich als anfänglich über die „/Nus“ geredet wurde. Das ist Khokhogowab (KKG) und heißt so viel wie weiße Frau. Der Strich vor dem Wort ist kein Tippfehler, sondern steht für einen der vier Klicklaute in KKG. Mein Problem damit? Dass es dabei um meine Hautfarbe geht, störte mich nicht so doll, denn ich bin halt nunmal weiß und das fällt hier im Dorf auf, denn es gibt zwar andere hellhäutige Menschen, aber da sich hier so gut wie jeder kennt, bemerkt man es, wenn da plötzlich eine neue Person ist.
Das was mich daran eher störte, war, dass ich nur als eine weiße Person und nicht als die Person, die ich bin wahrgenommen wurde, denn das Wort fiel nicht nur bei Unterhaltungen von Leuten die meinen Namen noch nicht kannte.
Mittlerweile ist das allerdings so gut wie gegessen, denn wenn ich durch den Ort gehe kommt so gut wie immer ein „Hello Miss Sophie“ von irgendwoher, was mich insofern freut, dass ich als Sophie wahrgenommen werde und nicht mehr nur als die neue Weiße.
Da mich also so gut wie jeder kennt, habe ich noch nie mitbekommen, dass ein Einheimischer komisch guckte, wenn ich mit Ansie oder jemandem anderes aus meinen zwei Gastfamilien unterwegs bin.
Diese Rolle übernehmen, durch den Anblick einer weißen, blonden, mit einem dunkelhäutigem Kind auf dem Arm, scheinbar verwirrte Touristen. Wenn ich dann auch noch in den Kirchenbakki (Auto mit öffnungsbarer Ladefläche) steige, sind die Blicke dann gar nicht mehr von mir abwendbar.
Naja, da haben wir alle dann wenigstens immer was zu lachen.
Genau so verwirrt guckten auch die Touristen als ich nach dem Auftritt einer örtlichen Tanzgruppe, die den Touristen etwas von der Kultur der Namas zeigt, mit ihnen den Auftrittsort verlassen habe.
Diese Tanzgruppe wurde 2004 gegründet und soll dazu dienen, dass die Kinder dort mit Spaß beschäftigt sind und ihre Freizeit nicht auf der Straße verbringen. Sie treffen sich zweimal in der Woche zum Tanzen und gemeinsamen Essen und erklären während ihren Auftritten, auf denen sie auf traditionelle Art tanzen, beispielsweise ihre bunte Kleidung, die dadurch zustande kommt, dass die Verwandten von ihren Reisen und Ausflügen Stoff mitbringen, aus denen dann mit der Patchwork-Technik (verschiedene Stoffteile werden aneinander genäht), ganze Outfits entstehen. Von dem Geld, welches sie durch diese Auftritte
einnehmen, werden für die Kinder zum Beispiel Schuluniformen gekauft, wenn ihre Familien sich diese nicht leisten können.

Das Problem mit den Schulleistungen:
Viele Kinder fallen hier schon in der Grundschule durch, da sie zu wenig durch die Eltern unterstützt werden. Diese können häufig aber auch gar nicht helfen, weil ihre eigene Bildung nicht gut genug ist. Das liegt teilweise an familiären Problemen und teilweise daran, dass sie damals kein Hostel zur Verfügung hatten, in dem sie unterkommen konnten, wenn die nächste Schule zu weit weg war. Außerdem gibt es Kinder, die ihre Hausaufgaben nicht erledigen, wenn nicht immer jemand nachfragt, ob es welche gibt und diese erledigt sind. Es herrschen in diesem Fall also auch ähnliche Probleme wie bei Deutschen Kindern, die in der Schule durchfallen.
Da fragt man sich jetzt vielleicht und was machen die Schulen dagegen? Sie machen Folgendes: Jeder Schüler, der in einem oder mehreren Fächern ein A oder ein B erreicht, erhält eine Auszeichnung für besondere Leistungen. (Die Benotung an den namibischen Schulen geht von A (beste Note) bis F (schlechteste Note)) Es spornt die Kinder an, sich mehr anzustrengen und nicht durchzufallen, denn nach jedem Schuljahr halten sie etwas in den Händen, wenn sie sich bemühen und sehen somit direkt wofür sie lernen. Schließlich ist es für Kinder oft schwierig zu begreifen, dass es ihnen entfernter Zukunft helfen könnte. So eine Verleihung durfte ich auch miterleben und ich habe gesehen, wie sich viele Kinder sehr gefreut haben und wie stolz sie waren, wenn sie besonders viele As und Bs hatten.
Ein weiteres Problem mit der Bildung liegt darin, dass es in manchen Orten, auch hier in Maltahöhe, in den weiterführenden Schulen keine Klassen elf und zwölf gibt. Die Schüler müssen also in eine andere Stadt um die Schule bis zur zwölften klasse besuchen zu können. Die Hostels dort sind, allerdings häufig überfüllt, da aus mehreren Städten Kinder herkommen müssen, sodass viele Schüler keinen Platz mehr bekommen oder die Kosten für eine Unterbringung sind zu hoch für die Familie des jeweiligen Schülers.

Was ich bis jetzt noch so erleben durfte:
Wie ihr seht, habe ich wirklich schon einiges erlebt.
Außer den Dingen, die ich bereits beschrieben habe, war ich bei einem 60. Geburtstag. Dieser fand in der Township statt, da das Geburtstagskind, den Leuten aus seinem Heimatort etwas zurückgeben wollte. Die Idee war auf sechs Feuern für jeweils 60 Leute Essen zuzubereiten. Im Anschluss bin ich, mit einer der anderen Freiwilligen, mit zum Geburtstagskind gegangen, wo es noch einen gemütlichen Braai gab.
Des Weiteren war ich bereits bei einem Taufgottesdienst und auf einigen Beerdigungen. Auf mehreren als ich bisher in meinem ganzen Leben war. Aber ob das heißt, dass hier mehr Menschen sterben? Ich glaube nicht! Es ist einfach so, dass die Beerdigungsgottesdienste häufig den normalen Sonntagsgottesdienst (bei dem übrigens fast jedes mal unser eigenes kleines Blasorchester anwesend ist und immer mehrere Chöre singen, was ich besonders schön finde) ersetzen und auch wenn nicht, geht trotzdem fast die ganze Gemeinde hin.
Der letzte Punkt, von dem ich noch erzählen möchte, ist, dass ich als Jurymitglied der ersten Misswahl der Grundschule erwünscht war. Da ich solchen Veranstaltungen, vor allem mit Kindern, generell eher kritisch gegenüber stehe, musste ich zunächst überlegen. Ich habe mich letztendlich dazu entschieden die Rolle einzunehmen, da ich es als unhöflich empfand abzusagen und es ansonsten nur einen Juroren gegeben hätte.
Letztendlich hat es Spaß gemacht, denn das Publikum hat für sehr viel Stimmung gesorgt.

Jetzt ist der Brief schon viel länger geworden als geplant, aber ich wollte euch nichts von meinen Erlebnissen und Erfahrungen vorenthalten. Ich hoffe er war dennoch bis zum Schluss interessant zu lesen und dass ich ein möglichst verständliches Bild schaffen konnte.

Jetzt bleibt nur noch zu sagen:
Schöne Grüße aus Maltahöhe und bis ganz bald

Eure Jule

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