Auch wenn es schon länger her ist, gibt es noch einiges zu berichten, denn Ende November bin ich raus aus Okahandja gekommen und durfte Swakopmund sehen. In der Stadt am Atlantik gab es für uns zu tun; zusammen mit Mitarbeitetenden bin ich in ein Gästehaus gefahren, das zum ELCRN-Business Trust gehört. Im Dezember kommen viele Reisende nach Namibia, und da die Hauptstadt der Region Erongo ein sehr beliebtes Ziel bei Touren durch das Land ist, sollten wir die dort zu vermietenden Zimmer und Appartements anstreichen und säubern. Wir haben dabei viel Spaß gehabt und alles rechtzeitig geschafft, abends wurde oft gemütlich zusammengesessen. Übrigens habe ich dort von einer Kollegin einen neuen Namen bekommen. Sie spricht Damara/Nama und versucht, mir die Sprache beizubringen. So nannte sie mich !Nodani, was „der Stille“ bedeutet. Das Ausrufezeichen ist einer der vier Klicklaute, es wird dabei mit der vorderen Zunge geschnalzt. Auf den Namen kam sie wohl, da ich bisher die im Gespräch geläufigen Sprachen noch nicht beherrsche und ohnehin noch eher beobachte und versuche, mich an alles zu gewöhnen.
Am Wochenende blieb ich dann an der Küste, um an einem Jugendcamp teilzunehmen. Ähnlich aufgebaut wie die beiden Tage, die ich im September mit den jungen Erwachsenen verbracht habe, war dieses Camp für die Altersgruppe zwischen 14 und 20 Jahren. An drei Tagen ist viel unternommen worden. Der erste Morgen begann gleich eindrucksvoll: Am Abend zuvor, nach der Ankunft der insgesamt 150 Jugendlichen aus dem ganzen Land, waren Plakate gegen Alkohol- und Drogenmissbrauch gemalt worden. Damit gingen wir dann am Morgen auf die Straße und liefen eine gute halbe Stunde lang durch Swakopmund, sangen Lieder und demonstrierten so unsere Haltung. Wir beendeten den Lauf vor der Regionalregierung, wo uns eine Politikerin empfing. Es wurde eine Petition vorgelesen, die zu mehr Verantwortung seitens der Politik aufrief, denn es sind hauptsächlich erst der Zugang zu Alkohol und Drogen und vor allem das gesellschaftliche Umfeld, die Menschen solcherlei Probleme bereiten.
Am Abend dann gab es ein Konzert in der Kirche, bei dem die Gruppen aus den verschiedenen Kreisen, also z.B. Tsumeb oder Walvis Bay, jeweils einige Lieder sangen. Geschlafen wurde in einer Jugendherberge nah am Meer, was dem Wochenende für mich ein wenig Klassenfahrt-Gefühl gegeben hat. Morgens sind wir an den Strand gelaufen und sind dort mit einigen Sportübungen in den Tag gestartet. Übrigens muss sich dann warm angezogen werden: an der Küste ist es auch jetzt zur Sommerzeit sehr windig und im Vergleich zu Okahandja deutlich kälter. Das Tagesprogramm war sehr interessant. Am 1. Dezember ist Welt-AIDS-Tag, darum wurde dieses Thema behandelt. Die ELCRN hat eine eigene AIDS-Organisation, die durchs Land reist und kostenlos informiert und Tests durchführt. Zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen waren zu uns gekommen, hielten einen kurzen Vortrag und standen dann für freiwillige Tests oder Fragen in einem anderen Raum zur Verfügung. Der offene Umgang mit einem Thema, das in der deutschen Gesellschaft oft Tabu ist, hat mich gefreut, weil ich dadurch viel lernen konnte. Unter anderem, wie wichtig es ist, den eigenen Status zu kennen. Darum habe ich die Möglichkeit genutzt, die sich mir hier erstmals bot, und kann von mir sagen, Bescheid zu wissen. In Deutschland leben laut Robert-Koch-Institut mehr als 12.000 Menschen, die mit HIV infiziert sind, ohne es zu wissen. Im Anschluss an die Informationen gab es eine kleine Andacht, die sehr still, beruhigend und gleichzeitig nachdenklich war. Auf einer roten Schleife, dem weltweiten Symbol für Solidarität mit Erkrankten, haben wir Teelichter platziert.
Am Abend sind wir gemeinsam zum Strand gewandert. Dabei habe ich viele gute Gespräche geführt, wie sowieso bei diesem Camp. Am Meer gibt es Grillplätze, dort haben wir also Essen gemacht und mit einer großen Gruppe im Sand Fußball gespielt, die Füße ins Wasser gehalten und einen schönen Sonnenuntergang gesehen. Am Sonntag hieß es früh aufstehen und fertig machen, denn es ging zum Gottesdienst. Die Tage zuvor hatten wir einige Lieder samt eines Tanzes mit allen Jugendlichen einstudiert, die wir in der Kirche, alle einheitlich angezogen, wie es für Chöre hier üblich ist, zum Besten gaben. Es gab eine Konfirmation, mit Abendmahl, und weil Gottesdienste in Namibia ohnehin meist lange dauern, verließen wir die Kirche erst nach über fünf Stunden wieder. Danach gab es beim Mittagessen einen herzlichen Abschied und für unsere Gruppe ging es im Kleinbus wieder zurück nach Okahandja.
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