Gerade befinde ich mich im Bus nach Pretoria.
Endlich haben wir unsere freien Tage und ich habe etwas Zeit um Freunde und neue Leute besuchen gehen zu dürfen. Bevor ich jedoch in den Bus gestiegen bin, war ich sehr nervös. Drei Wochen lang werde ich Jacky und Jan nicht sehen, mit denen ich die letzten vier Monate zusammen verbracht habe. Außerdem fahre ich nun 22 Stunden allein in einem Bus (auch wenn die Busgesellschaft sehr gut sein soll) und der Akku meines Handys gibt dauernd den Geist auf, weswegen ich es nur benutzen kann, wenn es gerade lädt. Ich muss also wirklich sparsam mit meiner Power Bank umgehen. Ich bin aber auch sehr gespannt, weil ich Menschen besuchen werde, die ich vor drei bis vier Jahren das letzte Mal gesehen habe oder noch gar nicht persönlich kenne. Zudem darf ich Pretoria, Lüneburg, Shelly Beach und Durban etwas näher kennenlernen 😊
So, nun aber zu den letzten beiden Wochen: Generell kann man sagen, dass es eine sehr emotionale, stressige und schöne Zeit war.
Wir waren etwas zu Fuß und im Auto in Lavender Hill unterwegs. Darüber war ich sehr froh, denn vier Monate lang sind wir fast nicht aus dem Gebäude der NWF rausgekommen. Angefangen hat es damit, dass wir die Lebensgeschichte einer unserer Teilnehmer für einen Spendengeber aus Deutschland schreiben und auch ein paar Fotos hinzufügen sollten. Also durften wir zu einer der Grundschulen in Lavender Hill gehen. Ich finde das Gebäude ehrlich gesagt sogar schöner als so manche deutsche Schulen. Es war in einer sehr schönen Farbe gestrichen und in mindestens einem Klassenraum gab es weihnachtliche Deko. Was diese Schule aber von einer Deutschen unterscheidet sind zum Einen die etwas älteren Schultische und Stühle
und zum Anderen der Weg zu den Räumen und das Gebäude an sich. Die Schule besteht nämlich aus vielen kleineren Gebäuden mit jeweils zwei Etagen. Die „Flure“, die zu den Klassenräumen führen, sind eher wie Balkone. Das heißt nur die Klassenräume an sich sind von vier Mauern umgeben und alles andere befindet sich im Freien. (das liegt vielleicht daran, dass es hier angeblich wärmer sein soll als in Deutschland. Von irgendwelchen Sommertemperaturen bekommt man hier allerdings nicht viel mit. Vielleicht wird das ja noch irgendwann).
Des Weiteren sind wir durch Lavender Hill gelaufen als wir eine kleine Campagne gegen Women and Child Abuse (Frauen- und Kindes-Misshandlung) begleitet haben. Dazu hat sich eine Mitarbeiterin komplett weiß angezogen und mit rotem Filzstift Hilferufe von Frauen und deren Erfahrungen darauf geschrieben. Das Ausdrucksstärkste war jedoch ein Schild, das über ihren Mund geklebt war und „Silenced“ darauf stehen hatte. Das bedeutet so viel wie „zum Schweigen gebracht“. Eines der Probleme in Lavender Hill ist nämlich, dass die Frauen nicht über Abuse reden oder es anzeigen, das hat vielerlei Gründe, wie zum Beispiel Scham, Unterdrückung oder, dass ihnen einfach nicht geglaubt wird.
Am schönsten war es aber, als wir von zwei unserer Teilnehmer eingeladen wurden, sie zum matric ball (Abiball) zu verabschieden. Das wird hier nämlich groß gefeiert. Beim ersten der beiden mussten wir noch etwas warten, weil er noch nicht fertig umgezogen war. Das war aber gar nicht schlimm, denn viele andere Teilnehmer vom Aftercare leben auf derselben Straße. Also haben wir etwas geredet, gespielt und ich durfte mir sogar das zu Hause eines Aftercare Kindes ansehen. Richtig stolz war ich, als wir dann den Matriculanten gesehen haben. Er hat sich echt hübsch
gemacht, also wurden erst einmal auch ganz viele Fotos gemacht. Der zweite war auch noch nicht fertig. Aber auch dort wurden später viele Bilder gemacht und ich fand es besonders schön, als er die Treppe seiner Wohnung heruntergekommen
ist und alle Nachbarn unten standen und ihm zugejubelt haben. Er hat sich dann auch extra ein schönes Auto gemietet, mit dem er zu der Location des Balles fahren konnte. In so einem Auto würde ich auch gern einmal sitzen 😊
Mit einigen Mitarbeitern der NWF waren wir einen Tag in der Stadt und haben an einer Kampagne „16 days of activism against women and child abuse“ (16 Tage gegen Frauen- und Kindesmisshandlungen) teilgenommen. Das haben wir durch Trommeln ausgedrückt, denn man sollte nicht stillschweigen, wenn Frauen und Kinder misshandelt werden, sondern so viel „Krach“ machen wie möglich. Also saßen wir 3 Stunden lang dort und haben uns die Hände wund getrommelt. Es hat aber auch viel Spaß gemacht, denn wir haben verschiedene Rhythmen geübt und Passanten sind stehen geblieben und haben auch mitgemacht.
Am vorletzten Wochenende hatte ich auch meine erste Surfstunde. Ich muss es sagen, es war mindestens genauso toll wir anstrengend. Nach zwei Stunden konnte ich mich fast nicht mehr auf den Beinen halten. Ich hoffe aber sehr, dass wir noch sehr viel öfter surfen gehen können, denn ich muss das noch ein bisschen üben mit dem Aufstehen auf dem Brett.
Am gleichen Abend sind wir noch zur Waterfront und haben in den Geburtstag von Jacky rein
– und den einer Freundin nachgefeiert. Es sah unglaublich schön aus in diesem Restaurant zu sitzen und auf den beleuchteten Hafen zu sehen, aber gleichzeitig war es auch unglaublich kalt. In einem kurzen Kleid für 4 Stunden draußen bei unter 20°C zu sitzen macht nämlich nicht so viel Spaß. Den Re
st des Abends haben wir in einem Club verbracht. Allerdings waren Jan und ich noch immer echt fertig von unserer ersten Surfstunde, weswegen wir etwas früher aufgeben mussten. Den eigentlichen Geburtstag von Jacky haben wir dann am Strand mit den Senior Boys und Girls aus dem Aftercare-Programm verbracht. Jacky hat sich netterweise um den Transport von Lavender Hill bis zum Strand gekümmert, denn der Weg war etwas zu weit. Dort angekommen wurden viele, viele Fotos gemacht, getanzt, gebadet, Geburtstagskuchen gegessen und natürlich ein Lied für Jacky gesungen. Die gute Stimmung wurde noch nicht einmal durch den ständigen Wind verdorben, der unsere Gesicht mit Sand bombardiert hat.
Am letzten Wochenende haben wir uns einen gay pageant (Wettbewerb für Schwule) angesehen. Dort haben ca. 16 Boys and Girls (Jungen und Mädchen) ihr bestes gegeben, damit sie Mr oder Mrs Grassy Park (das ist ein Township neben Lavender Hill) werden. Dabei hat nicht nur die Performance auf dem Catwalk gezählt, sondern auch die Fragen wie man die Gemeinschaft von Schwulen in Grassy Park verbessern möchte. Jacky und ich waren eigentlich viel zu müde dafür, aber wir wollten unbedingt wissen wer gewinnt und die beiden haben sich das wirklich verdient.
Der schönste Tag in den
letzten beiden Wochen war der letzte Sonntag. Morgens waren wir in der Kirche und ich durfte beim Krippenspiel von den Kindern die Lieder zusammen mit den Jugendlichen singen. Es war zwar nicht ganz perfekt, aber wir hatten auch nur eine Probe davor gehabt. Danach gab es wegen der Weihnachtsfeier noch ein Buffet mit vielen leckeren Spezialitäten. Danach waren wir bei Schnackenbergs (das ist die Pastorenfamilie) zu Hause eingeladen (was sehr schön ist). Ich verstehe jetzt dank ihnen auch ein wenig Rugby und finde es sogar viel spannender als Fußball. Als nächstes sind wir noch zum Clifton Beach (dort war zum Glück nicht ganz so viel Wind), wo wir uns erst ein bisschen von den letzten Tagen erholen und dann Volleyball spielen konnten (das habe ich beides auch sehr vermisst). Das schönste war allerdings die Wanderung auf den Lions Head. Schon vom Parkplatz am Wanderweg hatte man eine wunderschöne Aussicht auf Kapstadt. Aber nicht nur die Aussicht oben auf dem Berg war atemberaubend, auch der Wanderweg an sich war echt schön, denn man musste hier und da mal ein bisschen klettern und sich auch mal überwinden. Am meisten überwinden musste sich allerdings mit Abstand Jacky. Sie hat nämlich
Höhenangst und dann ist die Wanderung echt nicht so einfach. Als wir alle gesund und heil oben angekommen sind, war ich nur umso stolzer auf sie (sie wird aber leider nie wieder auf den Lions Head wandern. Das müssen dann wohl Jan und ich allein machen). Als wir auf dem Weg nach unten dann auch noch den Sonnenuntergang sehen konnten, war der Tag perfekt.
Auf diesen wunderschönen Tag folgte allerdings der schlechteste in Kapstadt. Es ging vor allem um die Krippenspielprobe. Die Aufführung war letzten Mittwoch und es ist echt gut gelaufen, aber die Wochen davor waren eine einzige Katastrophe. Viele der Rollen waren oft nicht da, es wurde andauernd dazwischen geredet und kaum einer hat auf mich gehört, sodass es nicht vorwärts ging. Ich habe schon so einige Krippenspiele in Deutschland mitmachen dürfen, aber mit diesen Kindern werde ich so etwas nicht noch einmal machen (auch wenn das Endprodukt sehr schön war). Dazu kam noch, dass ich total fertig vom Wochenende war und wir am Nachmittag noch unsere Koordinatorin und ihre Kinder zu uns eingeladen haben zum Plätzchen ausstechen und verzieren. Das war eigentlich ganz schön, da es mich and das Pfefferkuchenbacken mit meiner Familie erinnert hat, aber die drei Stunden in der Küche, haben mir echt den Rest gegeben. Das alles hat dazu beigetragen, dass ich am Ende des Tages eher in Deutschland als hier in Südafrika sein wollte.
Erst am Mittwoch hat sich diese Stimmung langsam wieder gelegt, denn dort war der Auftritt des Krippenspiels (es war wirklich echt schön, nur habe ich es zum Schluss etwas verpatzt) und auch die Weihnachtsfeier mit den Aftercare-Kindern und das Auspacken ihrer Geschenke. Es hat mir viel Freude bereitet mit den Kindern zu tanzen und sich mit ihnen über die schönen Geschenke zu freuen. In einem „Toys R Us“-Geschäft wurden nämlich alle Namen von unseren Aftercare und Youth Clubs Kindern aufgehängt und die Kunden konnten dann ein kleines Geschenk für sie hinterlassen.
Am nächsten Tag war dann auch das Outing (Ausflug) mit den älteren Kindern. Wir waren in einem schönen Park mit einem See, haben gegrillt und sind auch zum Strand gelaufen (er war nicht allzu weit weg). Am Anfang musste ich allerdings noch etwas mit dem Auto herumfahren, weil wir relativ viele Sachen für das Grillen vergessen haben. Das war aber weiter nicht schlimm, da ich immer nette Leute als Begleitung dabei hatte. Besonders gefallen hat mir jedoch das Schwimmen im Meer mit den Kindern.
Gestern war dann der letzte Tag in der NWF oder eher auf der Farm, denn es stand die Weihnachtsfeier der Angestellten an. Wir haben etwas beim Dekorieren und Vorbereiten geholfen, aber wir mussten auch noch kurz zu meinem Mobilfunkanbieter, weil meine SIM Karte kaputt war und ich deswegen nicht die Leute erreichen konnte, bei denen ich übernachten werde. Außerdem habe ich noch mein Päckchen aus Deutschland bei der Post abgeholt. Das hat mich echt gefreut!
Bei der Party wurde dann auch von allen Anwesenden für gutes Essen, gute Musik und gute Stimmung gesorgt, sodass wir viel getanzt und gelacht haben. Der Tag wurde dann mit den Wichtelgeschenken gekrönt, wobei ich einen wundervollen Wichtel hatte (andere hatten da nicht ganz so viel Glück).
Jetzt freue ich mich aber auf die nächsten drei Wochen Urlaub und ich werde mal sehen, wann ich den nächsten Blogeintrag schreiben kann. 😊
P.S.: Wie auch bisher möchte ich hervorheben, dass alles was ich beschrieben habe aus meiner subjektiven Perspektive heraus geschehen ist und keineswegs verallgemeinert werden kann.
P.P.S.: Diesen Eintrag habe ich schon früher geschrieben aber er brauchte noch etwas Überarbeitungszeit und ich wollte die ganzen Zeitangaben nicht verändern. Wundert euch also nicht, dass ich dort gerade noch auf dem Weg nach Pretoria war
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