schon Halbzeit

Die Zeit vergeht wie im Flug und ein halbes Jahr ist schon rum! Nun schaffe ich es mich endlich mal wieder zu melden. In der Zwischenzeit ist auch so einiges passiert.
Fangen wir aber mal von vorne an: Im letzten Blogeintrag habe ich nämlich ganz vergessen von den Veränderungen in der NWF zu berichten. Hier in Südafrika fängt nämlich das Schuljahr immer im Januar an und somit gab es sowohl im Kindergarten als auch im Aftercare neue Gruppen. Im Kindergarten war es aber um einiges härter mit den Neuen. In meine Klasse kamen nämlich die ganzen Drei- bis Vierjährigen, die vorher noch nie lange von ihren Eltern getrennt waren. Am ersten Tag stand ich dann vor fast 30 weinenden Kindern und war etwas überfordert. Als ich mich etwas gefasst habe, bin ich dem Bespiel der Lehrerin und der Freiwilligen gefolgt und habe versucht, zumindest ein paar der Kinder zu beruhigen oder abzulenken, was zumindest teilweise funktioniert hat. Die darauffolgenden Tage wurde das Weinen immer weniger und die Zeit der Kinder im Educare immer etwas länger, sodass sie nach zwei Wochen nachmittags auch begannen hier zu schlafen. Manche haben zwar noch für eine lange Zeit nach ihren Eltern gefragt und wollten nach Hause, aber das ist mittlerweile auch vergangen. Ich muss wirklich sagen, dass ich zu den neuen Kindern viel schneller einen Draht gefunden habe und auch deren Namen schon etwas schneller gelernt habe (auch wenn ich lange noch nicht alle kann).

mit vielen coolen Leuten endlich auf den Tafelberg gewandert

Im Aftercare sind zwar eigentlich alle Kinder vom letzten Jahr geblieben, aber es sind noch sehr viele neu dazugekommen, sodass wir jeden Tag nun locker 30 Teilnehmende haben und die Halle, das Geschirr und die Freiwilligen langsam zu wenig werden. Gleichzeitig ist es schön zu sehen, dass so viele das Programm wahrnehmen und sich auch darauf freuen zu uns zu kommen.
Eine gibt noch eine weitere, kleine Änderung beim Aftercare. Die Nachmittagsbetreuung von der etwas weiter entfernten Grundschule musste nämlich in diesem Jahr schließen. Die Kinder die früher dort aufgenommen wurden, können wir jedoch nicht einfach alle bei uns integrieren, deshalb haben wir unsere Kinder etwas aufgeteilt. Nämlich in die Altersgruppen 6 bis 8 Jahre und 9 bis 13, weil es doch schon eine weite Altersspanne ist und sie verschieden unterstützt werden müssen. Für die erste Gruppe gibt es die Nachmittagsbetreuung ab jetzt also in einem extra Raum. Ich persönlich betreue diese jüngere Aftercare sehr gerne, weil es sehr viel weniger Kinder sind (also auch nicht so laut ist) und sie besser auf uns Freiwillige hören.
Vor zwei Wochen durfte ich auch mal wieder einen Rundbrief für meine Unterstützer verfassen (das ist vielleicht auch der Grund warum ich keine Lust hatte, einen Blogeintrag zu schreiben) und gleichzeitig war mal wieder ein monthly report fällig, sodass es vor dem Zwischenseminar im Februar echt stressig war. Nichtsdestotrotz habe ich es einen Samstag geschafft, mal ein paar Freiwillige besuchen zu gehen, die gar nicht so weit weg wohnen. Da aber das Auto grade nicht da war, musste ich allein dorthin laufen. Erst hatte ich Bedenken, weil uns immer wieder gesagt wurde, dass man nicht allein rumlaufen soll, aber letztendlich war es super schön und ich habe mir vorgenommen das öfter mal zu machen (bisher ist da leider noch nichts draus geworden 😊). Dabei habe ich aber gemerkt wie viel Angst ich leider bei solchen Situationen habe, die gar nicht so begründet ist. Klar sollte man in Südafrika einfach mehr aufpassen auf sich selbst und seine Wertgegenstände, vor allem in bestimmten Gebieten. Inzwischen bin ich aber soweit, dass ich glaube, mir durch den Rat von befreundeten Locals und persönliche Erfahrungen ein eigenes Bild von der Situation machen zu können und die sehr vorsichtige Haltung, mit der ich hier angekommen bin, ein wenig abzulegen. In Lavender Hill gab es beispielsweise so weit ich weiß seit vielen Monaten keine großen Auseinandersetzungen mehr und uns persönlich ist auch noch nichts passiert (Jan hat nur einmal sein Portemonnaie verloren… oder es wurde geklaut, da ist sich keiner sicher).
Nach meinem Besuch bei den anderen Freiwilligen bin ich dann noch weiter an der Uferpromenade entlanggelaufen mit einer Freundin und wir sind teilweise dabei nass geworden von den Wellen. Wir haben uns auf dem Weg auch vorgenommen, dass ich ihr Deutsch und sie mir Afrikaans beibringt. Das hat bisher auch schon ganz gut geklappt 😊.

im Stadion

Einen Tag später waren wir im Stadion und die Atmosphäre war wunderschön! Es ist zwar nicht ganz so wie in Deutschland, da die Fans nicht getrennt nach Club sitzen, aber dafür ist es ein schönes Miteinander. Was mich auch wirklich erstaunt hat war, dass eine Laola-Welle fünf Mal durch das Stadion gegangen ist. Das war einfach unglaublich! Der Stau auf den Straßen danach war aber leider auch unglaublich lang.
Die Woche vor unserem Zwischenseminar habe ich für einen parkrun in Durban geübt, weil ich gern die 5km durchlaufen wollte ohne Pause, was ich sogar bei einem von den zwei parkruns geschafft habe 😊. Der parkrun beginnt immer um 8 Uhr am Samstag (eigentlich viel zu früh, aber so hat man noch etwas vom Tag) und wir liefen am Strand entlang, sodass die Umgebung wunderschön war. In der Nähe von Durban hatten wir auch unser Zwischenseminar mit vielen anderen Freiwilligen von anderen Organisationen. Es hat mich auch richtig gefreut Juri und Jule von der VEM wiederzusehen und zu erfahren, wie sie ihre letzten sechs Monate in Namibia verbracht haben.

alle Freiwillige auf unserem Zwischenseminar

Ich habe im Vergleich zu anderen Einsatzstellen erkannt, dass jede Umgebung so seine eigenen Herausforderungen mit sich bringt, aber wir doch schon sehr Glück hatten mit der NWF. Neben dem Kennenlernen, Austausch und Diskutieren mit anderen Freiwilligen haben wir einerseits viel Reflektion beim Seminar gehabt und andererseits schon etwas in die Zukunft gesehen. Bei meinen Vorhaben für die nächs

ten sechs Monate ist mir aber aufgefallen, dass ich viel zu viele Ideen habe und ich das alles gar nicht unterbringen kann. Dafür muss ich erst noch eine Lösung finden und mir klar machen, wo meine Prioritäten liegen. Am besten konnte ich über die Vergangenheit und Zukunft bei dem Aussichtspunkt auf dem Gelände nachdenken, denn der Blick über die vielen Hügel und Täler war einfach fantastisch. Durch die Abgeschiedenheit hatte man auch endlich mal wieder eine Auszeit von der Großstadt.
An den Wochenenden vor und nach dem Seminar haben wir die Zeit mit anderen Freiwilligen genossen am Strand (mit wundervollen Wellen und warmen Wasser!), im Club oder einfach in einer Wohnung oder im Backpackers. Ein Highlight war auf jeden Fall eine Delphin- und Robbenshow in der ushaka marine world, die ich mit dem Sohn meines Patenonkels besucht habe. Das coolste war dabei, als die Tiere getanzt haben und das Publikum sich dem angeschlossen hat. Gleichzeitig haben sie auch über Umweltverschmutzung informiert und die Zuschauer dazu aufgefordert die Meere und Tiere darin mehr zu schützen durch z.B. Minimization, Reuse und Recycling von Plastik.

mit Schuluniform zum Theater

Einen Tag später habe ich dann zum ersten Mal in meinem Leben eine Schuluniform getragen. Ich sollte nämlich die Tochter von den Leuten, wo ich netterweise übernachten durfte, zu einem Theater bringen und man konnte einen Rabatt für das Ticket bekommen, aber nur mit einer Schuluniform. Die Schauspieler waren alles Schüler der Jungenschule, die zwei Stücke vorgespielt haben. Das eine spielte in den 1950ern und hat eine Situation in der Apartheid beschrieben, das die Beziehung zwischen Schwarzen und Weißen ziemlich gut transportierte. Ein weißer kleiner Junge hat sich dabei über die schwarzen Angestellten gestellt und sie, obwohl sie gezeigt haben, dass sie auch intellektuell sind, nicht anerkannt. Das zweite Stück spielte etwa im gleichen Zeitraum und handelte von der weißen Armee in Südafrika. Ein Schauspieler hat verschiedene Rollen eingenommen und unter anderem das psychische Drillen der weißen, jungen Soldaten sehr überzeugend dargestellt.

es ist schon beeindruckend auf die Stadt zu sehen

Als wir dann zurück kamen vom Seminar, gab es plötzlich zwei Personaländerungen. Sowohl eine Lehrerin als auch Assistenz-Lehrerin beim Educare haben aufgehört bei der NWF zu arbeiten. Daher sind jetzt ein oder zwei Klassen immer mal wieder unterbesetzt und der Bedarf an uns Freiwilligen wächst.
Ein bisschen konnte ich von meiner To-Do-Liste für die nächsten sechs Monate schonmal abharken. Wir sind nämlich endlich den Tafelberg hochgewandert!
Es war zwar mega anstrengend und die Aussicht war auch nicht perfekt, weil das Wetter nicht so gut war, aber ich muss mich nicht mehr schämen, dass ich schon sechs Monate in Kapstadt war, aber noch nicht einmal auf dem Tafelberg. Ich habe mir auch vorgenommen bei einem Volleyballclub mitzumachen und surfen zu lernen. Ersteres hat schonmal super geklappt: Die Leute sind total nett und spornen mich an, immer mehr zu trainieren.

Aussicht von der UCT (Universität von Kapstadt) wo wir Volleyballtraining haben

Das Training findet an der Universität von Kapstadt statt und meine Begeisterung fürs Studieren in Südafrika wächst bei jedem Mal. Nicht nur die Aussicht ist wunderschön, sondern auch die entspannte Stimmung auf dem ganzen Gelände macht meine Vorfreude größer. Mit dem Surfen sieht es allerdings etwas anders aus. Ich habe es zwar noch einmal probiert, aber es dauert noch eine lange Zeit bis ich sagen kann, dass ich halbwegs auf dem Board stehen kann.
Als letzten Punkt in meinem Eintrag möchte ich den book launch vom Donnerstag, den 28.02. noch erwähnen. Acht Personen aus Lavender Hill haben nämlich ein Buch darüber geschrieben, wie sie selbst oder enge Angehörige ihre Abhängigkeit von Drogen oder Alkohol überwunden haben und das gerade in einer Umgebung, wo der Konsum fast zur Normalität geworden ist. Ich bin beeindruckt, dass sie ihre Geschichte öffentlich gemacht haben, denn es braucht schon einiges an Mut, so eine Lebensgeschichte zu teilen. Das Buch haben wir im Anschluss für umgerechnet 6€ verkauft, wobei alle Einnahmen direkt an die acht Autoren gehen. Falls jemand das Buch auch gern lesen möchte, könnt ihr mich einfach anschreiben dann bringe ich das in sechs Monaten mit nach Deutschland.

book launch zum Buch „Lavender Hill Healing from Addiction“

P.S.: Wie auch bisher möchte ich hervorheben, dass alles was ich beschrieben habe aus meiner subjektiven Perspektive heraus geschehen ist und keineswegs verallgemeinert werden kann.

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