Appreciate your surrounding

Heute Morgen bin ich von einem 7km Lauf an der Küste und dem Strand wiederkommen und dabei sind mir gleich zwei Sachen aufgefallen. Erstens habe ich in den letzten sieben Monaten meine Ausdauer ganz schön trainiert, sodass ich relativ gut 7km durchlaufen kann, und zweitens habe ich bemerkt wie wenig Zeit ich doch am Strand, an der Küste und auf den Bergen direkt vor unserer Haustür verbringe. Ich schätze die schöne Umgebung bei uns viel zu wenig wert, sondern fahre meist weite Strecken, um etwas Schönes zu unternehmen. Genauso ging es mir auch in Deutschland. Ich habe die Sachen um mich herum viel zu wenig wertgeschätzt. Die nächsten 5 Monate möchte ich also etwas bewusster meine Umgebung und meine Privilegien wahrnehmen und vielleicht könnt ihr es für einen Tag auch mal machen. Ihr dürft eure Erkenntnisse gern in einem Kommentar hier lassen oder mich privat anschreiben 😊

Sehr eindrücklich war heute auch eine andere Situation. Am Straßenrand einer viel befahrenen Straße habe ich einen Mann gesehen, dem ein halbes Bein fehlte. Da er in der einen Hand ein Strauß von Blumen hatte, konnte er nicht mit seinen Krücken laufen, sondern ist mit seinem Knie, Stumpf und einer Hand vorwärts bewegt. Als ich ihm dann angeboten habe, ihn ein Stück mitzunehmen, erfuhr ich dass er schon set ca. 2km so unterwegs war und noch 3km vor sich hatte. Diese ganze Mühe hat er auf sich genommen, um seinen Strauß Wildblumen an Touristen am Strand von Muizenburg zu verkaufen. Ich fand es sehr traurig zu sehen, dass er solche Strapazen jeden Tag auf sich nehmen muss, um ein wenig Geld zu bekommen und dass auf der Strecke, die er schon gelaufen war, keiner angehalten hat, um ihn ein Stück mitzunehmen.

Von dieser etwas negativen Situation kommen wir mal zu einer sehr positiven. Da vor kurzem die Klausurenphase für die Kinder war und wir ihnen Bücher gegeben haben, damit sie darin Aufgaben lösen und lernen konnten, hatten wir etwas mehr Zeit um uns auf Anderes zu konzentrieren. Meine Zeit habe ich damit verbracht, einen Gebets- und Mediationsraum für die Mitarbeitenden und Klient*innen der NWF zu entwerfen. Jetzt kommt es langsam zur Umsetzungsphase und ich bin sehr gespannt, ob ich meine Vorstellungen verwirklichen kann. Gleichzeitig möchte ich auch einen kleinen Chor machen und habe dafür nach ein paar Liedern geguckt. Vielleicht schaffe ich es ja schon nach den Ferien mit den Kindern etwas Kleines einzustudieren.

Eine sehr schöne Erfahrung hatte ich am Anfang der Ferien. Die meisten Angestellten are NWF hatten die ersten drei Tage lang einen Workshop sum Thema Child Protection („Kinderschutz“). Daran haben auch alle Teacher teilgenommen, sodass wir Freiwillige den ganzen Tag unten im Educare verbracht haben. Zwar war ich sonst auch schon immer lang dort gewesen, aber jetzt durfte ich die Kinder auch mal schlafen legen und es war schon süß, als sie alle langsam die Augen zugemacht haben und ruhig geworden sind. Sehr süß war es auch, als der letzte Tag von Zina – einer deutschen Freiwilligen, die für drei Monate im Educare mitgeholfen hat – war. Alle Kinder haben sich versammelt und zusammen mit den Teachers ein paar Lieder für sie gesungen. Sie war sehr gerührt und auch ich musste mir ein paar Tränen verkneifen, als ich darüber nachdachte, das alles in fünf Monaten hinter mir zu lassen.

FridaysForFuture in Kapstadt

Viel Neues über Lavender Hill, die Community und die Gangster durfte ich erfahren, als die Mädchen eine Präsentation für eine Organisation vorbereiten sollten und ihre Eindrücke und Meinungen zu Beziehungen von Bewohnern von Lavender Hill und Gangstern in Worte gefasst haben. Ich habe dabei bemerkt, dass ich nach sieben Monaten die Situation und Lebensweise immer noch nicht kenne oder verstehe und noch viel Neues erfahren darf.

Ich habe mich sehr gefreut, als uns von der NWF die Möglichkeit gegeben wurde zur Fridays For Future Demonstration in Kapstadt zu gehen. Es waren sehr viele Menschen – vor allem Schüler*innen und Student*innen – dort, was mich sehr erstaunte, da es noch so viele andere Probleme in Südafrika gibt neben dem Umweltschutz und trotzdem das Thema nicht zu kurz kommt. Im Nachhinein fiel mir ein, dass man auch die Jugendlichen von der NWF hätte mitnehmen können und nicht nur einen unserer Mitfreiwilligen. Warum habe ich solche Ideen nur immer so spät? Die Demonstration kann man aber auch noch verbessern, da es kaum informative oder fordernde Ansprachen gab, sondern eher eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema gezeigt wurde.

Viele künstlerische Darbietungen haben wir auch bei einer Spendenveranstaltung sehen können, zu der viele Mitarbeitenden der NWF gefahren sind. Die Spenden sollen für ein Sportcenter der Refocus Foundation genutzt werden. Neben einigen Reden gab es wie gesagt aber auch einen Chor oder Tanzeinlagen, die uns alle sehr beeindruckt haben. Gleichzeitig war diese Veranstaltung aber auch eine schöne Möglichkeit, die Kolleg*innen etwas näher zusammenzubringen.

Ein trauriges Ereignis im letzten Monat war allerdings, dass der Vater von einem Ex-Teilnehmer vom Aftercare an Tuberkulose gestorben ist. Einen Tag vorher haben wir ihn noch an der Chrysalis Academy besucht, wo der Vater leider nicht mitkommen konnte, weil er schon zu schwach war. Die Manager der NWF haben uns zum Glück erlaubt an der Beerdigung teilzunehmen. Es war sehr belastend, ihn und die Familie so traurig zu sehen. Die Beerdigung an sich hat aber viel Ähnlichkeiten mit einer in Deutschland. Nur bevor in der Kirche der Abschied stattgefunden hat, konnte man sich im Haus des Verstorbenen von ihm verabschieden und mit einem Stück Watte das Gesicht abtupfen und neben den Kopf legen (das habe ich nur erst später erfahren, dass man das so macht). Nach der Beilegung auf dem Friedhof haben sich auch nochmal alle beim Haus getroffen und etwas zu Essen bekommen. Am selben Nachmittag haben alle Kinder des Senior Aftercares noch Briefe an den Sohn des Verstorbenen geschrieben, damit er die nächste Zeit in der Chrysalis Academy gut übersteht.

Karneval

In meiner Freizeit, habe ich mich nochmal am Surfen versucht – bin leider kläglich gescheitert. Stattdessen habe ich mich mit noch ein paar anderen Freiwilligen getroffen und später einen Braai Abend mit vielen neuen Leuten gemacht. Es war auf jeden Fall eine sehr gut durchgemischte Gruppe, die wir dabei kennenlernen durften.

Wir haben aber auch an zwei großen Veranstaltungen in Kapstadt teilgenommen (an verschiedenen Wochenenden). Das eine war ein Karneval und das andere die Pride. Das Karneval muss ich echt sagen, war abwechslungsreicher als Deutschland und man hatte viele Tänzer (sie haben echt fast 2 km durchgetanzt!) oder Musiker gesehen. Das einzige Negative war, dass zwischen den Zügen etwas Zeit vergangen ist und man keine Süßigkeiten zugeschmissen bekommen hat wie in Deutschland😉.

bei der Pride

 

Die Pride ist sowas wie der Christopher Street Day und ich habe dieses Jahr zum ersten Mal daran teilgenommen. Es war echt schön, dort mitzulaufen, so viele LGBTIQ+ Leute zu sehen, die Community etwas zu unterstützen und einfach mit so vielen coolen Leuten zu feiern. Anschließend sind wir in einem Gay-Club feiern gegangen und nach ein paar Stunden Schlaf auf den Lions Head gewandert, um den Sonnenaufgang zu sehen (es war atemberaubend schön, erst die Stadt im Dunkeln zu sehen mit den ganzen Lichtern und wie es dann immer heller wurde). Wir waren aber so fertig, dass wir auch noch ein bisschen auf der Spitze des Lions Heads geschlafen haben. Direkt danach ging es weiter in die Kirche und noch zum Cape of Good Hope (das ist der süd-westlichste Punkt von Afrika). Es ist gleichzeitig echt cool aber auch angsteinflößend, wenn man fast 360° um einen herum nur Wasser sieht und es von der Klippe bis nach unten ein ganz schön langer Weg ist. Ich muss echt sagen, dass es ein wunderschönes, aber auch echt anstrengendes Wochenende war (ich werde sowas definitiv nicht nochmal machen…).

Sonnenaufgang auf dem Lionshead

Ein eher entspanntes Wochenende hatte ich dafür in Pretoria. Dort durfte ich sowohl die Großfamilie von meinem Freund als auch einige andere deutsche Freiwillige treffen und einfach eine schöne Zeit mit ihnen verbringen. Zu den einen Freiwilligen bin ich mit einer Bahn und Bus gefahren (es war total komisch und gleichzeitig toll mal wieder in einer Bahn und einem Bus zu sitzen!) Beim Bus war es aber etwas schwierig, weil die Haltestellen nicht angesagt wurden, sondern man erst erfahren hat wo man ist, wenn der Bus gehalten hat. Die Fahrt war also gleichzeitig auch sehr aufregend. Ich durfte auch etwas vom Studentenleben erfahren, da ich beim Res (das ist sowas wie ein großes Gelände mit Studentenwohnheimen) und dort in Nähe feiern war. Einerseits ist es mega cool, nur Jugendliche im selben Alter um einen herum zu haben, aber gleichzeitig ist es auch super komisch, weil ich das überhaupt nicht gewohnt bin. In Pretoria war ich am Samstag auch noch beim parkrun im botanischen Garten (dadurch ist man dort kostenlos reingekommen😊), der gleich verschiedene Flora und Fauna gezeigt hat.

Pretoria mit einer anderen Freiwilligen

Im März war auch Jan´s Geburtstag in den wir erst reingefeiert und dann zum Nachmittag ein paar Mitarbeiterinnen von der NWF und Freunde eingeladen haben. Jan hat extra ein paar Sachen gekocht, die er sonst immer bei seiner Familie gegessen hat (es war super lecker!). Ich fand seine Idee auch sehr cool, dass er dieses Jahr keine Geschenke haben wollte, sondern Spenden für Greenpop – eine Organisation, die sich für die Umwelt einsetzt – gesammelt hat. Ich weiß nur noch nicht, ob ich das wirklich auch an meinem Geburtstag machen will…

Nun komme ich zum letzten Punkt dieses Blogeintrags: Load Shedding. Dabei stellt das Stromunternehmen hier in Südafrika für ein paar Stunden den Strom ab. Warum sie das machen weiß ich nicht so genau (ich habe gehört sie wollten vielleicht Druck auf die Parteien vor den anstehen Wahlen ausüben, aber ob das stimmt kann ich nicht genau sagen). In den ersten sechs Monaten hier ist uns das nie wirklich passiert (es war nur manchmal Stromausfall). Das Load Shedding findet immer zu bestimmten und bother bekannten Zeiten statt, aber trotzdem ist es manchmal sehr unpraktisch. Einmal mussten wir deswegen das Computer Training abbrechen, weil alle Computer ausgegangen sind. Auch wenn man Essen machen will und den Toaster braucht, ist es etwas schwierig. Manchmal ist es auf der anderen Seite sehr schön. Wir hatten ein paar Abende mit Kerzenlicht in unserer Wohnung verbracht und wenn man rausgegangen ist, konnte man erst sehen wie hell der Mond scheint und wie viele Sterne es hier doch gibt. Das war einfach herrlich.

P.S.: Wie auch bisher möchte ich hervorheben, dass alles was ich beschrieben habe aus meiner subjektiven Perspektive heraus geschehen ist und keineswegs verallgemeinert werden kann.

P.P.S.: Dieser Blogeintrag wurde schon am 22. März angefangen zu schreiben, hat aber eine ganz Woche bis zur Fertigstellung gebraucht. (Eventuelle Zeitangaben können sich also wiedersprechen, den ich bin zu beschäftigt *hust* faul *hust*, um das hier ausführlich zu überarbeiten.)

Devils Peak bei Nacht
die Innenstadt Kapstadts bei Nacht
am Kap der Guten Hoffnung

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